Rückkehr der Helfer ins Ahrtal: SolidAHRität zwischen Geröll und Weintrauben
Nach den wundervollen Erlebnissen bei der Aufräumaktion in den Ahrauen bei Heimersheim war schnell klar, dass noch viel mehr möglich ist. Ich habe auf den richtigen Moment gewartet und dann war es soweit. Die Rückkehr der Helfer ins Ahrtal war eine meiner besten Entscheidungen des Jahres 2021.
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Inhalt im Detail:
Aufräumen in den Ahrauen bei Lohrsdorf
Am 04.09.2021 fand bei Lohrsdorf die wohl größte Aufräumaktion an der Ahr statt. Im Vorfeld rief Markus Wipperfürth, einer der Initiatoren, in einer Videobotschaft über die sozialen Medien erneut zum Mitmachen auf. Auch bei dieser Aktion wollte ich dabei sein und diesmal zusätzliche Verstärkung mitbringen. Umso mehr freute ich mich, als sich zwei Frauen, die von meinem ersten Freiwilligeneinsatz gehört hatten, zu mir gesellten.
Am frühen Morgen fuhren wir gemeinsam zum Helfer-Shuttle nach Grafschaft-Ringen. Dort hatten sich bereits Hunderte von Helfern eingefunden. Mit dieser überwältigenden Beteiligung hatte wohl niemand gerechnet, denn es waren viel zu viele Menschen für die bereitgestellten Gelenkbusse. Deshalb wurden kurzerhand mehrere Anhänger für den Personentransport zweckentfremdet. Im Konvoi mit mehreren Fahrzeugen, darunter auch Markus Wipperfürth mit seinem Traktor und Hakenlift, ging es in langsamer Fahrt nach Lohrsdorf.
Während der Fahrt drückten die Anwohner immer wieder ihre Dankbarkeit für die Hilfe aus, z.B. durch winkende Menschen, hupende Autos, handgeschriebene Transparente und vieles mehr. Sogar die Polizei machte mit und ließ unseren verkehrswidrigen Konvoi freundlich passieren. Es waren sehr emotionale Momente für alle Beteiligten und die Stimmung war sehr gut.
Markus Wipperfürth mit Traktor und Hakenlift in den Ahrauen bei Lohrsdorf
Großprojekt mit über 750 Helfern abgeschlossen
Bei Lohrsdorf gab es ähnlich große Anschwemmungen, wie ich sie aus Heimersheim kannte. Es wartete eine Menge Arbeit auf uns, deshalb begannen wir sofort mit den Aufräumarbeiten. Im Laufe des Vormittags trafen immer mehr Helfer und Räumfahrzeuge ein. Es war ein beeindruckendes Bild, wie viele Menschen von überall her kamen. Die Solidarität mit den Betroffenen der Flutkatastrophe war immens. Es bildeten sich lange Menschenketten und kleinere Helfergruppen, dazwischen zersägten Männer mit Kettensägen die vielen ineinander verkeilten Bäume. Hand in Hand wurde der Unrat aus den Anschwemmungen gezogen.
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Mit über 750 Helfern, mehreren Baggern und Traktoren gelang es an diesem sommerlichen Samstag, die Auenlandschaft großflächig von Anschwemmungen und Unrat zu befreien. Die anstrengende körperliche Arbeit forderte allen Helfern ihren Tribut, aber alle schienen glücklich zu sein. Dazu trug sicher auch die hervorragende Verpflegung mit Getränken und leckerem Essen bei. Für mich war die Teilnahme an dieser Aufräumaktion jedenfalls eine der besten Entscheidungen des Jahres. Es war ein sinnvoller Tag mit bewegenden Momenten und unvergesslichen Erlebnissen in der starken Gemeinschaft von 750 gleichgesinnten Frauen und Männern jeden Alters.
Ein Video zur Aufräumaktion wurde von Markus Wipperfürth auf YouTube bereitgestellt.
Die Winzer im Ahrtal brauchten dringend Hilfe
Mitte September sah ich in den sozialen Medien erneut einen Videoaufruf, der die schwierige Situation der Winzer thematisierte. Die Beseitigung der Hochwasserschäden an ihren Häusern und Betrieben verzögerte die Weinlese. Es wurden dringend Helfer benötigt, um die Weinlese zu beenden, bevor die Trauben an den Reben verderben. Auch mich hat dieser Videoaufruf motiviert und obwohl ich keine Erfahrung mit der Weinlese hatte, wollte ich wieder helfen.
Am selben Abend hatten wir Besuch zu Hause. Beim Abendessen erzählte ich von der Situation der Winzer und dass ich am nächsten Morgen ins Ahrtal fahren würde, um zu helfen. Die Idee kam bei unseren Gästen gut an und so fand ich spontan eine weitere Helferin für die Weinlese. Am frühen Morgen des 28.09.2021 fuhr ich in Begleitung von Theresa zurück ins Ahrtal.
Rückkehr der Helfer ins Ahrtal zur Weinlese
Ein Kleinbus des Helfer-Shuttles brachte uns mit einer kleinen Gruppe von Helfern zum Weingut O. Schell nach Rech. Von dort ging es hinauf in die Weinberge oberhalb von Dernau und Bad Neuenahr. Dort oben an den steilen Hängen sah die Landschaft noch sehr idyllisch aus. Nichts deutete auf die unvorstellbaren Schäden hin, die das Hochwasser unten im Tal angerichtet hatte.
Nach einer Einweisung durch den Winzer ernteten wir ca. 4 t Trauben der Sorte Spätburgunder, die noch am selben Tag mit einem ziemlich überladenen Traktor-Anhänger-Gespann zum Weingut nach Rech transportiert wurden. Während wir im Kreis der Helferinnen und Helfer den Tag bei einem Glas Wein ausklingen ließen, wurden die Trauben bereits im Kelterhaus verarbeitet.
Die Weinlese in den steilen Weinbergen bei angenehm warmem Herbstwetter hat viel Spaß gemacht und ich habe wieder interessante Gespräche mit lieben Menschen aus dem Ahrtal geführt. Natürlich habe ich auch einige Flaschen Wein gekauft und mit nach Hause genommen. Bei jedem Schluck dachte ich an diesen schönen Tag im Ahrtal zurück. Seitdem genieße ich jeden Schluck Wein mit viel mehr Wertschätzung.
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Trauer und Freude im Wechselbad der Gefühle
Die Naturkatastrophe hat Leben ausgelöscht und unvorstellbare Zerstörungen angerichtet, aber sie hat auch viele Menschen einander näher gebracht. Bei meinen Hilfseinsätzen im Ahrtal habe ich unglaublich viel Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt erlebt. Es war eine herzergreifende Erfahrung zu sehen, wie Menschen in echten Krisensituationen Hand in Hand arbeiten und füreinander da sind. Mitgefühl und Solidarität sind wichtige gesellschaftliche Werte in schwierigen Zeiten, damit sich die Betroffenen von Trauma und Verlust erholen können.
Es ist ermutigend zu sehen, wie Menschen trotz schwerer Schicksalsschläge wieder auf die Beine kommen und beginnen, ihr Leben neu zu gestalten. Zweifellos erfordert dies ein hohes Maß an Belastbarkeit und Zuversicht. Denn eines ist sicher: Der Wiederaufbau im Ahrtal und in den anderen betroffenen Regionen wird noch Jahre dauern. Wie lange es dauern wird, die körperlichen und seelischen Folgen zu überwinden, ist dagegen nicht absehbar.
Ich hoffe, dass die Schilderung meiner Erlebnisse anderen Menschen hilft, sich auf ähnliche Herausforderungen vorzubereiten und in der Not solidarisch zu helfen. Ich selbst bin sehr dankbar, dass ich als freiwilliger Helfer im Ahrtal dabei sein durfte. Es war eine der wertvollsten Erfahrungen meines Lebens. Möge uns der gute Geist dieser Zeit für immer erhalten bleiben und möge er uns auch bei künftigen Katastrophen immer wieder zu einer starken Gemeinschaft zusammenführen.
Lebe naturnah – lebe glücklich.
Frank Kaiser
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